Donnerstag, 25. November 2010

Schon mal gemobbt?

Fotot: Paula Vollmer/Linus L. Bahun
Aus einem Gespräch mit einer Schülergruppe auf unserem Schulhof, das sicher nicht repräsentativ für unsere Schule ist und eher ein Einzelfall ist | „Habt ihr schon einmal gemobbt?“ Die Gruppe druckst herum. Keine Antwort. Dann gibt es einer zu: Ja, er habe schon einmal gemobbt aber nicht so richtig. Was das sei, nicht so richtig mobben. Er wisse es nicht, halt nicht so, dass die Person Schaden genommen hätte. Woher er das wisse, ob er gefragt hätte. Nein, habe er nicht. Am kritischen Punkt habe er halt aufgehört. Was er denn getan habe. So genau wisse er das nicht mehr. Auf einem Thema immer ein bisschen herumgehackt, ein  wenig gestichelt, ein wenig gehänselt. Ob man das ein wenig genauer sagen könne.



Die Gruppe um ihn herum schaut ihn erwartungsvoll an. Ja man, er wisse es auch nicht mehr genau, er hätte gesagt, er, der andere, sei voll schwul und versaut, hätte keine Freunde. Er sei allein und keiner würde… Ach scheiße, was das denn alles solle. Auf die Frage ob er wisse, dass er damit gegen Gesetze  verstoßen habe antwortet er, dass er es nicht wisse und es auch nicht glaube. Das sei doch schließlich alles völlig normal. Er schaut die Gruppe an. Einer in der Klasse wäre halt immer das arme Arsch das immer einstecken müsse. Die anderen nicken zustimmend. Ob das in ihrer Klasse der Fall wäre. Natürlich. Wie würde denn bei ihnen gemobbt. Alle auf einen, oder kleine einzelne Stiche von der Seite? Wie man grade Lust habe, mal so, mal so. Es macht also Spaß, man kann „Lust“ darauf haben jemanden zu mobben? Klar, was ich mir denn vorstelle. Auf die Frage ob sie alle noch mit gutem Gewissen in die Schule kommen könnten kriege ich die Antwort, dass das doch normal wäre. Die Gruppe lacht. Richtig wäre es natürlich nicht, aber man dürfe schließlich auch keinen Alkohol trinken und das mache man ja schließlich auch. Die letzte Frage: Ob schon einmal einer von ihnen gemobbt wurde. Von ihnen keiner, nein. Nur Trottel und Spackos, Gays und Arme, Opfer und Dumme würden gemobbt. Sie nicht.
Aber warum ärgern Schüler sich überhaupt untereinander? Warum werden bestimmte Schüler während ihrer ganzen Schullaufbahn immer wieder gemobbt? Zu diesen Fragen interviewte ich die Diplompsychologin Maria Schneider-Wiegels aus Mönchengladbach. „Es gibt bestimmte Schüler die eher in die Rolle des Mobbingopfers kommen. Gründe dafür können zum Beispiel eine ohnehin vorhandene Außenseiterrolle sein oder Probleme mit anderen Schülern Kontakt zu haben. Aber auch Adipositas oder ein unsicheres Verhalten können anderen Schülern gegebenenfalls Gründe bieten jemanden zu mobben.“
Für die Betroffenen ist das sehr schlimm. Sie fühlen sich ausgeschlossen, allein und ohne Rückhalt. Oft sinkt ihr Leistungsstand rapide und sie können nicht mehr ruhig schlafen. Dann leiden die Opfer nicht nur unter einer starken psychischen Last, sondern auch physisch. „Auf Dauer kommt es auch vor, dass gemobbte Schüler ein schulvermeidendes Verhalten aufweisen“, berichtet Frau Schneider- Wiegels. „Man muss aber auch unterscheiden zwischen Mobbing und kleinen Konflikten.“ In der Definition des Wortes „Mobbing“ der Gesellschaft gegen psychosozialen Stress und Mobbing (GpsM) e.V. heißt es: „Mobbing ist eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz (bzw. an der Schule), unter Kollegen (Mitschülern) oder zwischen Vorgesetzten (Lehrern) und Mitarbeitern (Schülern). Dabei ist die angegriffene Person unterlegen. Sie wird von einer oder mehreren anderen Personen systematisch und während längerer Zeit direkt oder indirekt angegriffen. Ziel oder Effekt der Angriffe ist die Ausgrenzung der betroffenen Person.“



Für die Opfer ist es dann wichtig zu wissen wie sie Hilfe kriegen können. Das erste Gespräch sollte mit dem Klassenlehrer, den Eltern oder der Beratungslehrerin geführt werden. Meistens können die Probleme da schon gelöst werden. Wenn auch danach kein Ausweg in Sicht ist, sollte man sich Hilfe von Außen herbei hohlen. „Am allerwichtigsten ist aber überhaupt mit irgendjemanden über seine schlechte Situation zu sprechen. Zum Beispiel mit Freunden. Und immer daran denken wo die eigenen Stärken liegen!“, rät die Psychologin. Und was viele Mobber nicht wissen: Ihre Handlungen können zu einer echten Straftat werden, spätestens, wenn es zu gewalttätigen Übergriffen kommt.

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