Mittwoch, 23. Februar 2011

Spurensuche in Mönchengladbach


Der WPII Kunst Kurs hat sich im Rahmen einer Ausstellung im „Zug der Erinnerung" mit der sogenannten „Euthanasie" im Dritten Reich befasst. Schüler der Jahrgangsstufe 10 hatten die Möglichkeit bekommen, in der Stadtbibliothek in Originaldokumenten, die das Stadtarchiv freundlicherweise zur Verfügung stellte, nach Opfern aus Mönchengladbach zu suchen. Die Ergebnisse dieser Spurensuche  - unglaubliche und schockierende Zeugenaussagen und „Krankenakten"  -  wird der WPII Kurs in einer künstlerischen Dokumentation in der  Ausstellung zeigen. Hier schon einmal ein Ausschnitt aus der Recherchearbeit von Nicola Hinz, Katharina Gebauer und Larissa Berger . Mehr könnt ihr auf unserer Ausstellung im März im „Zug der Erinnerung" und später auch auf diesem Blog erfahren.


Hinter dem so genannten Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten verbarg sich ein organisierter Massenmord an seelisch leidenden, körperlich oder geistig behinderten Menschen und anderen „unerwünschten Elementen“. In Pflege- und Heilanstalten sonderten Ärzte die Opfer als „lebensunwertes Leben“ aus. Männer, Frauen und Kinder wurden - wie in „geheimer Reichssache“ angeordnet - von ihrem „Leiden erlöst“, wie es hieß.

Das Programm war von langer Hand vorbereitet und wurde von Medizinern, Juristen und Wissenschaftlern unterstützt. Nach Protesten ließ Adolf Hitler die Vergasungen im August 1941 stoppen. Doch auch nach der offiziellen Einstellung des Programms wurden mehrere zehntausend Behinderte in geheim weitergeführten Aktionen zu medizinischen Versuchen missbraucht und getötet. 




Die Heil- und Pflegeanstalt Hephata
 Die Anstalt Hephata in Mönchengladbach konnte trotz offener Proteste nicht alle Patienten vor dem Abtransport retten. Dadurch, dass die Patienten so oft verlegt wurden, gelang es den Nazis viele von den Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Euthanasie zu töten. Dass die Anstalt sich weigerte die Meldebögen auszufüllen und durch Verhandlungen erzielte, dass die Patienten nur in andere evangelische Anstalten gebracht wurden half nicht viel, denn der Erfolg war leider nur von kurzer Dauer. Die Verlegungen und die Verweigerung verzögerte nur die Zeit bis zu dem eigentlichen Transport und nur 250 erwachsene arbeitsfähige Pfleglinge konnten durch die Gegnerschaft der Anstaltsleitung dem Euthanasie-Tod entkommen.

Die Anstalt Hephata nahm rund 250 Kinder der Abgabeklinik Bonn zwischen 1941 und 1944 auf. Am 12.7.1943 standen für 135 Jungen die grauen Busse vor der Anstalt Hephata abfahrtbereit.


Die Euthanasie in der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Johannistal Abteilung Waldniel, insbesondere der dortigen Kinderfachabteilung

Die Anstalt wurde 1909 als Heim für geistig und Körperlich behinderte Jungen von den Franziskanern aus Waldbreitenbach gegründet. Im 2. Weltkrieg wurden sehr viele sehr schnell getötet. Erwachsene wie Kinder und Jugendliche.
Die Kinder wurden nach einem genauen Verfahren getötet. Behinderte, nicht lebensfähige, „tiefidiotische" Kinder  wurden getötet, um sie von ihrem „Dahinvegetieren“ zu erlösen und wenn der Befehl lautete „Das Kind X ist der Therapie zuzuführen  bedeutete dies, dass die Krankenpflegerin dem Kind X das in Wasser aufgelöste Luminal verabreichte und das Kind starb dann in 1-2 Tagen. Den Eltern wurde zuerst gesagt, dass das Kind in Lebensgefahr schwebe und wenige Zeit später folgte die Todesmeldung mit falscher Todesursache.
Laut Schätzungen von 1947 schwanken die Zahlen der in Waldniel umgekommenen Kinder zwischen 30 und 100, die Gerüchte sprachen aber auch schon mal von 260 Kindern.
Im August brachte man durch den Krieg entwicklungsgestörte Mädchen in die Anstalt. Ab 1945 bis 1950 war die Anstalt als Erziehungsanstalt für Mädchen genutzt worden. Ab 1950 wurde die Anstalt als Heim für Jungen genutzt. Heute kennen wir es als Internat und Schule.  




Bilder Archiv: Transport in den Tod, Projekt „Psychiatriegeschichtliche Dokumentation“, Landschaftsverband Rheinland, Brauweiler, April April 1994

Zahl der getöteten Kinder und Erwachsenen der Krankenanstalt Hostert und Waldniel im Vergleich

1939: Gemeinde Waldniel: 134,  Hostert -Krankenanstalt: 38
1940: Gemeinde Waldniel: 184, Hostert -Krankenanstalt: 97
1941: Gemeinde Waldniel: 149, Hostert -Krankenanstalt: 77
1942: Gemeinde Waldniel: 229, Hostert -Krankenanstalt: 128 (21 Kinder)
1943: Gemeinde Waldniel: 295, Hostert -Krankenanstalt: 172 (77 Kinder)
1944: Gemeinde Waldniel: 212, Hostert -Krankenanstalt: 86
1945: Gemeinde Waldniel: 148, , Hostert -Krankenanstalt: 57

 

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