Montag, 28. März 2011

Facebook - Denn sie wissen was sie tun

Es gibt junge Menschen, die amerikanische Eliteuniversitäten besuchen und dabei kreative und innovative Ideen haben. Sie zeichnen smarte Mind-Maps, treffen sich in Bibliotheken, haben stets ein kleines weißes oder silbernes Notebook unter dem Arm, lieben Äpfel und trinken eine Menge Kaffee. Wenn sie zusammensitzen developen sie coole Web-Projects, aber nur weil sie Freude daran haben und nicht weil sie Geld verdienen möchten. So ein junger Mensch ist Mark Zuckerberg, Gründer und Erfinder von Facebook, dem Social-Network schlechthin.


„Sharing information.“
Schon lange suchte der Student nach einer Möglichkeit Ideen, Fotos und Sachinformationen effektiv mit anderen zu Teilen. Man wollte sich nichtmehr für jede Besprechung treffen. Telefonieren war nur zwischen zwei Gesprächspartnern möglich, ständiges e-mailen dauerte zu lange und war wegen dem Chaos von zu individuellen Mailadressen kompliziert. Eine neue Art der Kommunikation musste her: So entstand ein von Zuckerberg erdachtes uniinternes Netzwerk, dass die Studenten an jedem Ort mit Internetzugang aufrufen konnte. Jeder der Mitstudenten hatte ein eigenes Profil mit Namen, Bild und persönlichen Informationen. Über dieses Profil, das den Personenseiten eines Jahrbuches nachempfunden war, konnten Dateien, Bilder und kurze Gedanken („Thoughts“) gepostet werden. Jeder konnte alles lesen und seine eigenen Gedanken und Kommentare dazu schreiben. Schnell wuchs das Netzwerk, Studenten anderer amerikanischer Universitäten meldeten sich an, ihnen folgten bis heute 400 Millionen aktive Nutzer aus allen Ländern der Erde.
Quelle: facebookmanagement.de
„Mach dir Facebook!“
Denise kommt von der Schule nach Hause, wirft ihre Tasche in die Ecke, startet ihren Laptop zieht sich danach Jacke und Schuhe aus und setzt sich mit dem Computer auf ihr Sofa. Sie startet ihren Browser, sofort erscheint ihre Startseite: Facebook. Auf Denise warten zwei Freundschaftsanfragen, drei Gruppeneinladungen und eine Nachricht. Routiniert akzeptiert sie die drei Freundschaftsanfragen. Ob sie die Menschen kenne? Den einen glaube sie schon Mal auf einer Party gesehen zu haben, die andern zwei kenne sie nicht. Sie schaut sich die Gruppen an in die sie eingeladen wurde, alle werden abgelehnt – „Brauch ich nicht.“ Mit der personal Message setzt sie sich länger auseinander. Eine Freundin schreibt, sie habe sie gestern versucht zu erreichen es aber nicht geschafft, wo sie denn stecke. Wenn sie on komme, solle sie zurückschreiben. Denise schreibt zurück: „Jetzt bist du nicht da lol ^^ rufe dich an, bey.“ Danach betrachtet sie ihre Neuigkeiten. Zu sehen ist eine Liste mit insgesamt 232 neuen Einträgen. Der Oberste lautet: „Rafael Mersch ist jetzt mit Sophia und drei weiteren Leuten befreundet.“ Außerdem ist zu erfahren, dass Paul Reuß neue Bilder hochgeladen und darauf Leute verlinkt hat. Sie klickt auf das Bild, auf dem eine junge Frau mit Bierflasche in der einen und Jägermeister in der anderen Hand zu sehen ist. Denise kommentiert: „Müssen wir unbedingt nochmal machen. Lieb euch alle soooooo.“ Das sei eine Geburtstagsparty am letzten Wochenende gewesen, erklärt sie. Warum sie Facebook nutze? Naja, am Anfang habe sie das eigentlich nicht gewollte. Aber dann habe ihre Freundin gedrängt: „Mach dir Facebook!“ Und da aufeinmal alle Facebook hatten habe auch sie sich einen Account zugelegt. Es sei ja kostenlos gewesen. Sie wird heute 55 Minuten auf Facebook online sein – so wie der Facebook-Durchschnittsnutzer.
Wie kann man mit den Daten von 400 Millionen Menschen effizient Geld verdienen?
Der simple Verkauf von Daten kam für Zuckerberg nie in Frage: was einmal verkauft ist, kann nicht noch einmal verkauft werden. Es musste ein Weg gefunden werden wie aus vorhandenen Daten immer wieder Kapital geschlagen werden konnte, ohne dass man die Kontrolle über sie abgeben musste. So entwickelte Zuckerberg mit seinen Programmierern die „Personal Ad“, also eine persönliche Werbeanzeige. Die fromme Idee dahinter: Nicht jede Werbung ist für Jeden interessant. Also sollten Werbende gezielt Kriterien angeben können, welche Personen ihre Werbung sehen sollen und welche nicht. Von der Werbebranche wurde die Idee begeistert aufgenommen. So konnten Online-Bekleidungsstores beispielsweise eine junge weibliche Kundschaft mit anderen Kleidungsstücken zum Kauf anwerben als eine ältere männliche. Schaut man sich an wie detailliert die Auswahlkriterien sind verwundert im ersten Augenblick vielleicht. Schaut man sich aber an welche Daten Facebook von seinen Nutzern erhebt wird einem vieles klarer. Denn Facebook nutz ALLE Daten, die es kriegen kann. Angefangen von den Profilinformationen, den Bildern (die von extra dafür entwickelten Programmen ausgewertet werden können) über die versendeten Nachrichten und Chatgespräche bis hin zu den besuchten Facebook-Gruppen. Je nach E-Mailanbieter werden sogar die Mails eingelesen. Seit diesem Jahr lernt Facebook seine Nutzer noch besser kennen, seit im Internet nämlich überall die „Gefällt mir!“-Buttons („Like-Buttons“) auftauchen. Beim Betätigen der Buttons entsteht nach und nach ein recht genauer Durchschnittsbrowserverlauf. So lassen sich jährlich mehrere hundert Millionen Dollar umsetzen.
„Privatsphäre ist nichtmehr zeitgemäß“
So kommt es, dass ein großes Unternehmen viel, oft sogar nahezu alles, über einen Menschen weiß. Und nicht nur das Unternehmen, sondern auch alle anderen Facebook Nutzer können über ihre Mitmenschen, aber auch über ganz Fremde, eine große Menge an Daten finden und diese danach beurteilen. Keine Privatsphäre, nirgends. Facebook-Gründer Zuckerberg findet das völlig in Ordnung. „Privatsphäre ist einfach nichtmehr zeitgemäß“, sagte er in einem Interview einem amerikanischen Magazin. Der gläserne Mensch wird zur Realität. Jüngst stellte Facebook seinen neuen „Service“ vor: Facebook Places. Dabei ortet Facebook den Computer oder das Smartphone des Nutzers und teilt den ermittelten Ort allen Freunden mit. Damit nicht genug werden im Smartphone Werbeanzeigen von im Umfeld gelegenen Restaurants, Cafés und Geschäften angezeigt. Außerdem Meldet sich das Gerät wenn sich ein „Freund“, der den Dienst auch nutzt, in der Nähe befindet. Zuckerberg findet das toll, in der Zukunft sieht er aber noch ganz andere Ideen verwirklicht: So soll man mit dem übers Handy gemachten Foto in Sekundenschnelle das Facebook-Profil des Fotografierten abrufen können. Tests dazu laufen in den USA bereits.
Wo kommen wir mit derlei Technik, Services und Dienstleistungen also hin? Wir sind die Nutzer, was ist unser Ziel? Das Internet galt bisher als frei. Jeder konnte die Meinung von jedem lesen und diese beurteilen. Bis vor zwei Jahren sah jeder die die Seite von „cnn.com“, der größten Journal-Website Amerikas, gleich. Das ist heute anders. Die Aufmacher wechseln je nach Interessen, Alter und Geschlecht – kurz: nach den Daten die Facebook über einen Benutzer findet. Und Daten sammelt nicht nur Facebook, sondern auch andere Social-Networks und Suchmaschinen.
Das Internet zeigt uns heute mehr denn je das, was wir sehen wollen und kein subjektiv-individuelles Meinungsbild. Gefährlich ist das vor allen Dingen, wenn Menschen das nicht bemerken, wie im Fall „Denise“.

    3 Kommentare:

    Kristina hat gesagt…

    WoW Linus da hast du dir aber wirklich sehr viel Mühe gemacht.
    Der Artikel ist recht lang aber ist auf einer persöhnlichen Ebene geschrieben der es einem das Lesen leicht macht.Der Artikel ist von vorne bis hinten Durchstrukturiert. Fängst mit der Geschichte von Facebook an und gehst dann auf den täglichen Gebrauch ein. Gehst aber auch kritisch auf das Thema ein.

    Ich bin wirklich beeindruckt!

    Fabian hat gesagt…

    Ein wirklich toller Artikel sehr informativ und vorallem überraschend was es alles für fakten gibt.

    Mark Offermann hat gesagt…

    Ich find gut, dass du auch kritisch mit Facebook umgehst.